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Interview mit Yves Patak über das Meistern der „Work-Write-Balance“

Viele von euch kennen diese Situation bestimmt: Ihr seid kreativ und würdet gerne ein Buch schreiben, doch es gibt ein Problem, denn da ihr höchstwahrscheinlich nicht hauptberuflich als Autor arbeitet, stellt sich euch schnell eine Frage – Wie bekommt ihr Arbeiten, Familie und das Schreiben unter einen Hut? Sozusagen das Meistern einer „Work-Write-Balance“.

Glücklicherweise hat einer unserer Autoren – Dr. med. Yves Patak – eben dies geschafft. Wie sein Titel bereits verrät, ist Yves Patak, welcher sich selbst als der moderne Dr. Jekyll-und-Mr. Hyde sieht, Arzt. Um genau zu sein ist er tagsüber ein erfolgreicher Lebensberater und Hypnosetherapeut. Abends jedoch wird er zum Schriftsteller, aus dessen Schreibfeder Bücher wie „Der Screener“ oder „Gespräche mit Luzi“ (und viele mehr) stammen. Wie also schafft man es, als hauptberuflicher Arzt nebenbei noch etliche erfolgreiche Bücher zu schreiben? Das folgende Interview soll diese und weitere Fragen klären.

Bookmundo: Herr Patak, schön dass Sie sich für uns Zeit genommen haben damit wir über Sie und Ihr Erfolgsgeheimnis als Self-Publisher ein bisschen mehr erfahren können.
Sie sind hauptberuflich Lebensberater und Hypnosetherapeut – wie also sind Sie dazu gekommen, Mystery Thriller wie „Ace Driller“ zu schreiben?

Patak:  Das Mystische, Phantastische und das Düstere wurde mir offenbar in die Wiege gelegt. Schon mein Vater war ein Fan von Edgar Allan Poe und hat diesen sogar in seine Doktor-Arbeit integriert. Die magischen Worte „Was wäre wenn?“ haben meine Phantasie seit früher Kindheit beflügelt. Inspiriert von Wilhelm Busch und Christian Morgenstern schrieb ich bereits mit elf Jahren skurrile Gedichte, in der Schule folgten Kurzgeschichten im Horrorsegment, natürlich unter einem Pseudonym…

Irgendwann wurde eine Kurzgeschichte, die ich auf Englisch geschrieben hatte, zu lang, und ich beschloss, daraus meinen ersten Roman (The Healer) zu machen. Dies war der Grundstein zum Entschluss, bezüglich der Schriftstellerei die Profi-Liga anzusteuern – langsam, ohne Hast, aber beständig.

Meine beiden Bücher „Gespräche mit Luzi“ und „Null Bock auf Karma“ sind augenzwinkernde holistische Ratgeber, also quasi Begleitbücher zu meiner Praxistätigkeit. Mir war jedoch von Anfang an klar, dass meine große (wenn auch etwas makabre) Liebe dem Mystery Thriller gehört, und so folgten seither nur noch Bücher in diesem Genre.

Bookmundo: Wenn wir an erfolgreiche Bestseller-Autoren denken (so geht es mir auf jeden Fall), dann denkt man meistens an die Namen J.K. Rowling oder Stephen King. Nun ist es jedoch nicht immer gegeben, dass man als Autor eben diesen Welterfolg erlangt und von der eigenen Kreativität und den Welten, die man selber erschaffen hat, leben kann.
War es bei Ihnen also mehr eine rationale Entscheidung, oder war ihr Beruf von Beginn an Ihr Traum und das Schreiben eine reine Leidenschaft?

Patak: Wie erwähnt wusste ich seit früher Kindheit, dass ich gerne phantasiere, dichte und schreibe. Doch irgendwie kam die Idee, dies zum Beruf zu machen, nie wirklich auf, vermutlich auch aus der rationalen Überlegung heraus, dass es einfacher ist, sechs Richtige im Lotto zu erzielen als von der Schriftstellerei leben zu können.

Als ich 1996 von meinem Vater eine Praxis für allgemeine Medizin übernahm merkte ich bald, dass zwei Bereiche mein Ding sind: psychologische Beratung (inklusive Hypnosetherapie) – und das Schreiben. 2001 zog ich die Konsequenzen: Ich wandelte meine Allgemeinpraxis in eine Praxis für psychologische Lebensberatung und Hypnosetherapie um und reduzierte mein Arbeitspensum, um die übrige Zeit der Schriftstellerei zu widmen. Zwischen diesen beiden Berufen kam ich locker auf eine 60-Stunden-Woche, allerdings mit einer großen Zufriedenheit.

Bookmundo: Eine 60-Stunden-Woche mag für den ein oder anderen abschreckend wirken; deswegen also zu der Frage, die uns alle interessiert: Wie schaffen Sie es genügend Zeit für ihre Karriere, Ihre Familie und das Schreiben zu finden?

Patak:  Ganz einfach, man schaufelt sich Zeit frei. Ich habe meine Praxistätigkeit um fast die Hälfte reduziert, um zu schreiben, und natürlich bedingt das ein gewisses „Opfer“. Ich verzichte bewusst auf einen Teil der Einnahmen meines „Tagesgeschäfts“, um mich meiner anderen Passion widmen zu können. Es ist eine Sache der Prioritäten. Jetzt, wo meine Kinder erwachsen sind, bleibt mir sogar noch mehr Zeit für die Schreibe.

Bookmundo: Ich stimme Ihnen zu und denke ebenfalls, dass für viele das Schreiben eine Passion und eine Möglichkeit ist, abzuschalten. Denn besonders wenn wir lesen, dann oftmals, um dem Trubel um uns herum zu entfliehen und mit der Hauptfigur eines Buches Abenteuer erleben zu können, die wir uns so im realen Leben nie vorstellen könnten. Für viele ist die Phantasiewelt in Büchern oft ein Ort der Ruhe, an dem sie alle Probleme für eine Zeit lang einfach mal vergessen können. Wie ist es bei Ihnen, nutzen Sie das Schreiben als Ausgleich zum Alltag?

Patak: Das Schreiben beinhaltet so ziemlich alles, was ein Mensch sich wünschen kann. Zeit für sich selbst. Das Abenteuer, jede Phantasie und jedes Szenario auszuprobieren, es innerlich zu erleben. Die Befriedigung, etwas zu kreieren. Den Thrill, in fremde, oft schauerliche Welten einzutauchen, im vollen Wissen, dass man ihnen wieder entfliehen und gleichzeitig daraus etwas lernen kann. Die (oft therapeutische) Konfrontation mit eigenen Problemen und Ängsten. Das hochinteressante Spiel, sich in wildes Spektrum von Menschen und Charakteren einzufühlen, die Welt durch neue Augen zu sehen und zu erleben. Statt in einer Welt lebt man in vielen Welten. Ich kann mir nichts Schöneres und Spannenderes vorstellen.

In der kreativen Phase des Schreibens ist es ein Balanceakt zwischen aktiver Imagination und selbstvergessenem Loslassen, Sich-Treibenlassen. In der Phase der Revision und Korrektur ist es eine Übung in Konzentration und Achtsamkeit, man durchleuchtet alles, jedes Wort, jeden Satz, jedes Detail, und ob alles kohärent zusammenpasst.

Bookmundo: Eben dieser Balanceakt bedarf gewisser Konzentration.
Viele Schriftsteller, darunter auch der bekannte Horror-Autor Stephen King, besitzen eigens für das Schreiben einen Raum, um sich ganz auf die kreative Arbeit konzentrieren zu können. Zudem haben viele Autoren ihre ganz bestimmten „Rituale“ wenn Sie schreiben. Wie ist dies bei Ihnen, haben Sie ebenfalls ein eigenes Schreibzimmer und Rituale, wenn Sie Ihre Bücher verfassen?

Patak: Fixe Rituale habe ich keine, aber ein paar Spleens, die mir einen gewissen Rahmen vorgeben: Ich muss alle Pendenzen erledigt haben, bevor ich schreiben kann. Nur dann ist mein Kopf frei. Und ich wähle möglichst Orte mit einer schönen Aussicht, um zu schreiben, zum Beispiel unseren Wintergarten. Dies ist paradox, weil man ja wirklich fast nur auf den Bildschirm schaut, aber es vermittelt mir ein Gefühl von Freiheit.

Bookmundo: Freiheit ist ein gutes Stichwort; denn oft finden wir uns in Situationen wieder, wo wir uns eher eingeschränkt sehen und am liebsten aus dem Alltag ausbrechen würden. In Ihrem Buch „Gespräche mit Luzi“ zum Beispiel schreiben Sie über einen Arzt, welcher in seiner Midlife-Crisis steckt. Da liegt die Frage nahe ob Sie Inhalte Ihres Alltages und Themen, die Sie beschäftigen, mit in Ihre Bücher einbauen.

Patak: Ich vermute, dass das fast alle Schriftsteller tun, bewusst oder unbewusst. In meine beiden „Ratgeber“ (Gespräche mit Luzi und Null Bock auf Karma) fließen viele Gedanken ein, die zu meiner Praxistätigkeit passen, zu Problembewältigung und der Suche nach Zufriedenheit und Lebensglück. In meinen Thrillern spiele ich gerne mit Ängsten, die wir alle kennen: in meinem Weltbild ist der Thriller nicht nur eine spannende, prickelnde Ablenkung, sondern auch eine Möglichkeit, sonst oft verdrängten Ängsten zu begegnen. Übrigens zeigte eine Studie, dass Thriller selbst depressiven Menschen guttun können.

Bookmundo: Das ist erfreulich, doch bevor Menschen Bücher auf therapeutische Weise helfen können, müssen diese erst geschrieben werden.
Ich selbst habe mich auch am Schreiben eines eigenen Buches probiert, habe jedoch große Schwierigkeiten damit, einen Anfang zu finden. Ich weiß, über was ich schreiben möchte und wie die Geschichte im Allgemeinen verlaufen soll, finde aber keinen passenden Anfang. Hatten Sie so etwas auch bereits erlebt und wenn ja, wie überkommt man eine solche Schreibblockade am besten?

Patak: Die Schriftstellerei ist für mich eine Kunst, genau wie Malerei und Musik. Ich glaube, dass jeder Mensch ein Grundtalent hat, der eine mehr, der andere weniger – aber dass der Hauptteil der Kunst durch Übung entsteht. Es gehört deshalb für mich zur Routine, täglich zu schreiben, auch wenn es mal harzig ist. Hinter der berüchtigten Schreibblockade steckt oft die Angst, dass die eigene Schreibe nicht gut genug ist – inhaltlich oder stilistisch. Oft ist es hilfreich, sich einerseits um diese Ängste zu kümmern (dafür gibt’s Therapeuten, Bücher etc.), und andererseits einfach drauflos zu schreiben: Sobald meine halbgaren Ideen aus meinem Kopf aufs Papier (resp. den Bildschirm) fließen, kann ich klarer erkennen, was genau stört oder was noch fehlt. Das freie Aufschreiben ohne den Zwang, dass es von Anfang an „perfekt“ sein muss, wirkt befreiend und öffnet uns die Augen, sowohl im „Journaling“ (therapeutisches Tagebuch-Schreiben) wie auch in der Schriftstellerei.

Ein wichtiger Tipp ist auch, dass man seine Protagonisten kennt: zu jedem einzelnen sollte man eine richtige Biographie schreiben, denn so erwacht die Figur zum Leben, und oft ergibt sich vieles dann wie von allein, sogar der Anfang und das Ende des Romans.

Bookmundo: Ein Buch lebt von eben diesen Protagonisten und der Geschichte, die es erzählt, doch gerade beim Kauf entscheidet auch das Auge mit, ob das Buch ansprechend ist, oder eben nicht. Wenn man sich nun Ihre Buchcover ansieht, so ist jedes Ihrer Bücher auf seine eigene Art besonders. Doch vor allem weckt es das Interesse in einem, herauszufinden welche Geschichte diese Bücher erzählen. Wie also haben Sie es geschafft, als Self-Publisher solch ansprechende und professionelle Buchcover zu gestalten?

Patak: Das war eine lange Suche. Vom völlig verpatzten Selbstversuch bei meinem ersten Roman, über das etwas ziellose Ausprobieren verschiedener Cover-Designer, bis ich über einen nützlichen Tipp zur richtigen Künstlerin fand: Ich schaute mir bei 99Designs hunderte von Buchcovers an und fand heraus, dass die meisten, die mich ansprachen, von der gleichen Designerin stammten. So fand ich Meella, und seither ist sie meine Cover-Designerin. Sie hat es auch geschafft, meinen Büchern einen einheitlichen „Brand“ zu verleihen.

Bookmundo: Nun hat man das Buch verfasst und auch ein passendes Cover, welches das „Innere“ des Buches wiederspiegelt, fehlt also nur noch das Vermarkten. Schließlich hilft es dem Autor wenig einen Bestseller geschrieben zu haben, den niemand lesen wird, da keiner davon weiß.
Wie ist Ihre Vorgehensweise beim Vermarkten Ihrer Bücher?

Patak: Ganz ehrlich? Momentan tue ich so gut wie gar nichts! Wenn jemand auf mich zukommt, wie zum Beispiel bei diesem Interview, mache ich gerne mit. Aber nach einigen Versuchen, meine Bücher über die Social Media zu vermarkten, ist mir nie ein deutlicher Zusammenhang zwischen Marketing und Buchverkäufen aufgefallen. Die Verkäufe fluktuieren einfach, und ich spekuliere darauf, dass irgendwann die Mund-zu-Mund-Propaganda das Schlüsselelement sein wird – so wie ich es seit Jahren aus der Praxis kenne.

Bookmundo: Zum Abschluss, haben Sie irgendwelche Tipps, die Sie Autoren, die gerade erst anfangen, mitgeben möchten?

Patak: Enthusiasmus sollte die Basis sein, und es ist weise zu überprüfen, ob neben der Freude auch Disziplin und ein langer Atem vorhanden ist. Geduld, Ausdauer und Frusttoleranz gehören zu jedem Business. Zwischen der Hobby- und Profiliga liegen Welten, und man sollte sich bewusstmachen, wie ernst man es meint.

Jeder Beruf verlangt nach einer seriösen, oft harten Ausbildung, und beim Schreiben ist ein Teil jener Ausbildung das regelmäßige, konzentrierte Schreiben, auch wenn einen die Muse gerade nicht küsst.

Ratgeber zur Schriftstellerei sind äußerst wertvoll (z.B. „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“ von James N. Frey, oder „Das Leben und das Schreiben“ von Stephen King) und oft ein Muss, um weiterzukommen. Ganz wichtig ist die Selbstüberprüfung, indem man seine Schreibe bucherfahrenen Menschen und Viellesern präsentiert und auf ihre (hoffentlich konstruktive) Kritik eingeht.

Wer es sich leisten kann, sollte sich einen Lektor oder Schreib-Coach suchen. Dies sind Spezialisten, die sehr schnell aufspüren, was an einem Roman gut ist und was noch fehlt. Buch-Profis, die das vorhandene Talent fördern und gleichzeitig auf blinde Flecken und Mängel hinweisen, die behoben werden müssen.

Nicht zuletzt muss man mit Einsamkeit umgehen können, sie zu seiner Geliebten machen: Die Schriftstellerei ist einer der einsamsten Berufe auf diesem Planeten, wobei zu erwähnen ist:

  • Beim Schreiben ist man zwar allein, aber nie einsam.
  • Allein sein zu müssen ist das Schlimmste, allein sein zu können das Höchste.

In diesem Sinne: viel Spannung und Freude all jenen, die es wagen, in das Universum der Schriftstellerei einzutauchen!

Wir bedanken uns an dieser Stelle ganz herzlich bei Yves Patak und hoffen, dass ihr einen kleinen Einblick in die Welt eines Self-Publisher bekommen habt, der nebenher noch seiner Arbeit nachgeht.