Besonderheiten von Onlinerezensionen
Leser_innen bilden sich während und nach dem Lesen eines Buches eine Meinung zum Gelesenen. Dabei verspüren nicht alle das Bedürfnis, diese Meinung auch öffentlich zu äußern. Wer es jedoch hat, kann dies in Form einer Rezension tun. Blogs, Social-Media- und Onlineplattformen bieten die Möglichkeit dazu. Buchrezensionen weisen dabei gewisse Besonderheiten auf, die auf die Bedürfnisse der Leser_innenschaft schließen lassen, wenn man sie genau liest.
Zunächst ist natürlich der Wunsch nach Kommunikation mit anderen und über das Gelesene der häufigste Anlass für eine Rezension. Das zeigt auch der lockere und umgangssprachliche Ton, in dem die Texte verfasst sind. Es entsteht der Eindruck des Plauderns über ein bestimmtes Buch, was User_innen sowohl auf Blogs als auch auf Social-Media-Plattformen die Möglichkeit der Reaktion erlaubt und sie zum Diskutieren einlädt. Dieses Besprechen scheint dabei vordergründiger als eine positive oder negative Bewertung.
Die Besprechung und Bewertung von Büchern im Internet ist bereits seit Längerem eine verbreitete Form der Onlinekommunikation. Dabei werden die verschiedensten Genres thematisiert. Waren es zu Beginn meist Fantasy und Science-Fiction-Literatur, werden mittlerweile auch Kinder- und Jugendliteratur, Krimis, Sach- und sogar Kochbücher sowie Ratgeber gerne von Blogger_innen, Leser_innen und Verbraucher_innen vorgestellt und empfohlen.
Was ist eine Rezension und wofür braucht man sie?
Eine Buchrezension ist als eine Form der Literaturkritik zu verstehen. Sie soll über die jeweilige Veröffentlichung informieren, sie bietet die Möglichkeit, das Gelesene zu interpretieren und es zu bewerten. Dabei geht es meist um neuere und neuste Erscheinungen, denn eine Rezension richtet sich hauptsächlich an potenzielle Leser_innen.
Außerdem werden Rezensionen innerhalb eines Blogs oder auf Social-Media-Plattformen oft mit anderen Formen und Kategorien der Besprechung verbunden wie Rankings, Buchtipps oder Leselisten (der Katalog der Aufhänger für solche Listen scheint dabei unerschöpflich und reicht von der perfekten Strandkorblektüre über Taschenbuchneuerscheinungen des kommenden Monats bis hin zu Büchern zur aktuellen politischen Lage).
Für Rezensionen im Internet gibt es keine Maßstäbe. So können Leser_innen ihre subjektive Meinung äußern, ohne dabei beispielsweise bestimmte Aspekte des Schreibens zu thematisieren. Von einem Kundtun des Gefallens bis zu einer detaillierten Charakteranalyse kann in einer Onlinerezension alles geäußert werden. Große Unterschiede gibt es auch in der Länge der Texte. Sie reichen von Kurzrezensionen, wie dem bereits angesprochenen Buchtipp, bis zu ausführlichen Inhaltswiedergaben oder der Beschreibung des gesamten Leseerlebnisses.
Wirft man einen Blick auf die sprachlichen Aspekte von Rezensionen, fallen schnell gewisse Floskeln auf, die den Eindruck eines Klappentextes vermitteln können. Eine wirklich individuelle und informative Rezension erkennt man daher sehr schnell, und zwar an zwei Hauptaspekten. Sie beinhaltet die Merkmale und die Wirkung des besprochenen Buches.
Merkmale der Rezensionen
Rezensionen, die auf Buchblogs veröffentlicht werden, besprechen meist kürzlich erschienene Veröffentlichungen und leiten häufig mit bibliografischen Angaben zum Buch ein. Teilweise gehen die Verfasser_innen dabei auch auf Informationen zu den Autor_innen ein, möglich sind aber auch Hintergründe zur Entstehung des Buches und weitere Veröffentlichungen.
Bei der Bewertung geht es in Rezensionen, anders als bei Literaturkritiken, nicht um literarische Standards, sondern um das individuelle Leseerleben, also um die Wirkung des gelesenen Buches. Häufig angesprochene Aspekte sind dabei eine nachvollziehbare Handlung, die Authentizität und Plastizität der Figuren, die Spannung und deren durchgängiges Aufrechterhalten und der Unterhaltungsfaktor sowie die Originalität. Die Kriterien, nach denen sich die Bewertung oder auch das Gefallen richtet, werden dabei nicht explizit benannt. Ob es sich um ein positives oder negatives Urteil handelt, spielt dabei keine Rolle. Häufig fällt auf, dass in Rezensionen auf die Besprechungen anderer Blogger_innen Bezug genommen wird. Die Rezension kann so die Funktion einer Verteidigung des Buches oder die Zustimmung einnehmen. Beides spricht jedoch für die Bekanntheit des Buches und steigert die Aufmerksamkeit potentieller Leser_innen. So kann sich auch eine negative Rezension positiv auf die Veröffentlichung auswirken. Außerdem werden häufig Vergleiche zu anderen Werken gezogen. Das kann sich allgemein auf das Genre, den Plot oder auf den Schreibstil beziehen. Innerhalb der Bewertung gehen Rezensierende sehr häufig darauf ein, welche Erwartungen sie an das Buch hatten und ob diese erfüllt wurden. Die Erwartungen scheinen sich dabei oft aus Klappentext und Covergestaltung abzuleiten und daraus, ob sie den Autor oder die Autorin und früher veröffentlichte Werke bereits kannten. Sind bereits andere Bücher bekannt, wird dies in den Rezensionen oft angesprochen. Das aktuelle Buch wird dazu in Relation gesetzt und als besser oder weniger gut beschrieben, sehr häufig aber auch als „typisch“.
Sympathie, große Gefühle und Humor
Bei der Betrachtung von Onlinerezensionen, fällt ein Aspekt vor allen anderen ins Auge: Es geht in ihnen vornehmlich um die Sympathie zu den Protagonist_innen. Selbst bei umfangreichen und vielschichtigen Rezensionen ist die Sympathie ein Hauptbestandteil der Bewertung und meinungsbildend. Sympathie und Antipathie für die Protagonist_innen entscheiden elementar über Gefallen oder Missfallen. In diesem Zusammenhang wird häufig auch der Humor angesprochen, und zwar durch die Sympathiebekundung für einen Comic-Relief-Charakter.
Viele Rezensionen lassen darauf schließen, dass es den Leser_innen weniger um das Lesen als Beschäftigung, sondern um die Geschichte als Teil des Lebens während des Lesens geht. Oft liest man in Rezensionen vom „Kennenlernen der Figuren“, und ihr Handeln, ihre Gefühle und Entscheidungen werden mit dem eigenen Leben in Verbindung gesetzt. Es werden Parallelen gezogen, Unverständnis geäußert oder Lob ausgesprochen. Das Handeln der Figuren wird oftmals viel intensiver besprochen als die Story, das Setting oder der Erzählstil. Man kann in vielen Rezensionen feststellen, dass nicht nachvollziehbares Verhalten einer (Haupt-)Figur sehr schnell zum Abbrechen des Lesens führt. Die Leser_innen bewerten es in den allermeisten Fällen als den positivsten Aspekt des Lesens, wenn sie auf der Gefühlsebene angesprochen werden und die emotionale Einbindung und Ansprache begründet die Meinung über ein Buch. Es wird besonders positiv bewertet, wenn die Geschichte beim Lesen starke (am besten positive) Gefühle hervorruft. Ein langanhaltendes Beschäftigen mit den im Roman angesprochenen Themen ist den Leser_innen im Allgemeinen weniger wichtig.
Festzuhalten ist also, dass Onlinerezensionen in erster Linie Gefallenskundgaben sind, die auf der emotionalen Ansprache im Leseprozess basieren. Es wird deutlich, dass Rezensierenden unabhängig vom Genre vor allem lebensnah beschriebene Situationen und sympathische Charaktere wichtig sind.
Über die Autorin
Saskia Funke ist Texterin und Lektorin aus Leidenschaft. Auf ihrem Blog beschäftigt sie sich mit den verschiedenen Aspekten des Schreibens im Bereich der Phantastischen Literatur. In diesem Artikel beschäftigt sich Saskia Funke mit Rezensionen und wofür diese eigentlich nützlich sind.
Über sich selbst und den Artikel sagt Saskia Funke: „Alle Erkenntnisse, auf die ich im Folgenden eingehe, ergaben sich aus meinen eigenen Beobachtungen und beziehen sich auf Rezensionen zu Romanen. Ich habe mich im Rahmen meiner Masterarbeit mit Buchrezensionen aus linguistischer Sicht beschäftigt und dazu über mehrere Monate Rezensionen auf Buchblogs und Onlineplattformen gelesen, analysiert und interpretiert.“
Fazit
Nehmen Sie sich die Tipps von Saskia Funke zu Herzen und starten Sie Ihren Rezensionsprozess. Falls Sie sich fragen, wie Sie eine gute Anfrage für eine Rezension stellen, finden Sie dies und mehr in unseren anderen Blogposts! Bei weiteren Fragen melden Sie sich gerne bei unserem Supportteam!